CHILL, FREEZE, HOLD ODER SERVE?
Fast zwei Millionen Kinder essen täglich in der KiTa zu Mittag, überraschend ist angesichts dieser Zahlen, wie wenig über die Verpflegungssituation in den KiTas bekannt ist. Zu viel Fleisch, zu wenig Obst und Gemüse zum Mittagessen: KiTa-Kinder bekommen keine ausgewogene Ernährung, das ergab 2014 eine repräsentative Studie der Bertelsmann Stiftung. KiTa-Verpflegung in Deutschland sei ohne verbindliche Qualitätsstandards, unzureichend ausgestattet und unterfinanziert. Gemessen am wissenschaftlich begründeten Qualitätsstandard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) schnitt die Mittagsverpflegung in den meisten deutschen KiTas schlecht ab.
Die Finanzierung der hauswirtschaftlichen Personal-, Küchen- und Raumausstattung sowie der Betriebs- und auch der Lebensmittelkosten ist in den meisten Bundesländern nicht verbindlich und einheitlich geregelt. Auch deshalb unterscheidet sich das einkommensunabhängige Essensgeld der Eltern für Mittagsverpflegung erheblich: Es reichte schon vor 9 Jahren von 75 Cent bis zu sechs Euro pro Mahlzeit. Eine gesunde und ausgewogene Mittagsverpflegung, die mindestens den DGE-Standard erfüllt, kostete der Studie zufolge jedoch mindestens 4 Euro. Bund, Länder, Kommunen, freie Träger und Eltern müssten sich verbindlich über die Finanzierung einer ausgewogenen Mittagsmahlzeit verständigen, damit jedes Kind in der KiTa gesund verpflegt werden kann. Diese Empfehlung gilt natürlich auch für das Schulessen.
Gemeinschaftsverpflegung wird häufig über die Systeme „Cook & Freeze“ oder „Cook & Chill“ organisiert. In Ingolstadt hat aktuell das jahrelang verankerte „Cook & Freeze“ für viel Aufregung gesorgt, denn bei allen offensichtlichen Vorteilen, insbesondere was die Hygiene angeht, die lange Lagerfähigkeit der Produkte und die Einsparungen bei Küchenpersonal und Platzbedarf, das System bringt auch enorme Schwierigkeiten mit sich. Bei 500.000 Essen pro Jahr, die in städtischen Kitas und Schulen benötigt werden, muss man eine europaweite Ausschreibung ansetzen. Lange Transportwege verursachen aber hohe Emissionen, die dem anvisierten Klimaziel „Klimaneutral 2035“ für Ingolstadt entgegenstehen. Wünschenswert wäre es natürlich auch, dass regionale Anbieter zum Zuge kämen und man den Wirtschaftsfaktor von 500.000 Essen pro Jahr mit etlichen Arbeitsplätzen in der Region halten könnte. Die Neu-ausschreibung des Projektes „Schul- und KiTa-Essen in Ingolstadt“ mit einem viel höheren Bio-Anteil von nun 95 Prozent und der Forderung
von Müllvermeidung, stellt zwar eine Verbesserung dar, aber es ist nach Meinung des Stadtrates der falsche Weg. Nun wird eine Machbarkeits-studie in Auftrag gegeben, denn frisch vor Ort kochen verbraucht deutlich weniger Energie, egal wie man es dreht und wendet. Energie zum Tiefkühlen kostet.
Das klassische COOK & CHILL („kochen und ruhen lassen“) stammt aus der Gemeinschaftsverpflegung, wo (normalerweise) auf eine direkte Ausgabe der produzierten Speisen verzichtet werden kann. Die Produktionsabfolge ist prinzipiell herkömmlich, nach der Zubereitung jedoch muss das Produkt mittels geeigneter Technik binnen drei Stunden auf 4° C heruntergekühlt werden. Mit dieser Zubereitungsmethode kann die gekühlte Speise bei ununterbrochener Kühlkette bis zu vier Tage ohne Qualitätsverlust gelagert werden. Die Vermehrung von pathogenen Keimen sowie die Bildung von Toxinen wird verhindert, indem der hygienisch bedenkliche Temperaturbereich beim Absenken ab ca. 40 bis 10 ° C schnell durchschritten wird. Das COOK & FREEZE setzt dem Cook & Chill noch einen drauf, indem die vor- oder fertiggegarten Produkte direkt im Anschluss an den Herstellungsprozess schockgefrostet werden, das bedeutet eine schnellstmögliche Kühlung auf -40 ° C, um dann in eine Lagertemperatur von -18° bis -25 ° C überzugehen. Bei COOK & HOLD werden die Speisen zentral produziert und dann auf die Satellitenküchen oder Ausgabestationen verteilt. Die Essensausgabe verzögert sich in der Regel immer leicht oder massiv nach hinten, daher sind Zeiten und Temperaturen grundsätzlich konstant zu überwachen. Zwischen Produktion (Fertigstellung, letzter thermischer Eingriff am Produkt) und Ausgabe (Teller oder Buffet) sollten nach HACCP maximal drei Stunden ver-gehen und die Kerntemperatur zu keinem Zeitpunkt unter 65 ° C liegen. Morgens etwas kochen, was mittags ausgegeben wird – das ist „COOK & SERVE“. Produktion und Ausgabe geschehen am gleichen Ort, Speisen werden im Zeitfenster zwischen Kochen und Ausgeben teils warmgehalten. Eigentlich ist die Variante nur dann ge-eignet, wenn man exakt weiß, wann was mit welchen Personen an welchem Ort auf welchem Teller auszugeben ist. Weicht ein Faktor ab, wird es schwierig.
Text: Steffi Kürten
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