Donau der Zukunft

Lebensraum für Mensch und Natur

BUND Naturschutz fordert politisches Handeln ein und hält am Auennationalpark fest

„Die Zukunft der Donau als Lebensraum für Mensch und Natur sichern“ war Anfang Dezember Thema des 32. internationalen Donaukongresses des BUND Naturschutz in Ingolstadt. Er fand in Ingolstadt statt, weil:

  • die Donau in Ingolstadt die für viele Abschnitte typischen Probleme aufweist, insbesondere die ganzen negativen Folgen des Staustufenbaus.
  • Ingolstadt aber auch hohe Potentiale an der Donau hat: zum einen ein besserer Schutz und mehr ökologische Verbesserungen in den großen wertvollen Schutzgebieten außerhalb der Stadt und zum anderen die Potentiale zwischen den Staustufen – und das alles im Spannungsfeld der Entwicklung einer Großstadt und vor den Herausforderungen der Klimakrise, die in der Stadtplanung ohnehin ein Umdenken erfordert: mehr Grün und lebendiges Blau (Wasser), weniger Grau (Versiegelung).
  • In der Stadt gerade viele Ideen und Projekte zur Zukunft der Donau in der Diskussion und Planung sind, deren Umsetzung wir gerne unterstützend begleiten und vorantreiben möchten.

 

Die hochkarätigen Referent_innen der Ta-gung haben anhand vieler Beispiele sowohl für Ingolstadt als auch die ganze Donau eindrucksvoll „Zukünfte“ für die Donau aufgezeigt, die Mut machen. Ob es das BN-Donaukonzept für Ingolstadt (R. Seyberth, G. Kestel), der Stadtpark Ingolstadt im Projekt „BLUE GREEN CITY“ (Th. Schneider), die positiven Wirkungen der Auen-Rückgewinnung (Prof. Dr. B. Cyffka) oder die „Wilden Inseln“, die „Danube parcs“ (S. Geissler) und die Beispiele von Damm-Rückbauten in anderen Ländern (H. Wanningen) waren, sie alle zeigen: ökologische Verbesserung ist möglich, auch wenn das an einem so gestauten, begradigten und verbauten Fluss wie der Donau eine besondere Herausforderung ist. Am Beispiel des Sturzflut-Risikomanagements der Stadt Ingolstadt (Th. Schwaiger) wurde zudem aufgezeigt, wie der Umgang mit Wasser in der Großstadt verbessert und die Vorsorge gestärkt werden kann.

 

 

Die Donau durchfließt beziehungsweise berührt auf ihren 2.800 Kilometern zehn Länder (Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Rumä-nien, die Republik Moldau und die Ukraine) – so viele wie kein anderer Fluss auf der Erde. Mit diesem Einzugsgebiet ist die Donau der „europäischste“ aller Flüsse. Sie verbindet nicht nur Völker und Menschen zwischen Ost und West, sie ist auch eine einmalige Lebens- und Verbundachse für eine Vielzahl von Arten. Jede vermeintlich lokale Entscheidung, die zum Beispiel in Ingolstadt getroffen wird, hat Auswirkung auf die gesamte Donau. 

Gerade in Bayern ist die Donau stark begradigt, gestaut und eingedeicht. Die hohe Arten- und Lebensraumvielfalt ging und geht zurück, Auen als Rückhalteraum für Hochwasser wurden vernichtet, der Handlungsbedarf ist hoch. An fachlichen und verbindlichen Zielen zur Verbesserung der ökologischen Situation mangelt es nicht. Zentrale Ziele sind eigentlich europaweit längst geregelt. Deren Umsetzung kommt nicht nur, aber eben auch in Bayern nicht wirklich voran. „Renaturierung und Schutz der Donauauen stellen enorme Chancen für uns alle dar. Sie werden noch viel zu wenig genutzt, wir sehen dringenden politischen Handlungsbedarf in Bayern. Damit der europäische Fluss- und Auenschutz auch weiterhin Treiber für eine lebendigere und gesündere Donau und ihre Auen sein kann, ist die Europawahl 2024 eine Schicksalswahl“, fasst Dr. Christine Margraf im Fazit zusammen. Michael Würflein, Vorsitzender des BN Ingolstadt ergänzt: „Für Ingolstadt sehen wir die höchste Priorität darin, die großen europäischen Schutzgebiete im Westen und Osten durch eine naturnähere Entwicklung der innerstädtischen Donau zu vernetzten und damit auch einen wertvollen Erholungsraum für die Ingolstädter Bevölkerung zu schaffen.“

 

 

10-Punkte für Handlungsbedarf aus Sicht des BN

 

1. Die Lebensachse Donau hat nur eine Zukunft, wenn die Donau wieder mehr Raum für den Verbund der Lebensräume und Dynamik bekommt. Dazu verpflichten uns seit 20 bzw. 30 Jahren auch europäische Richtlinien, vor allem die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (1992) und die Wasserrahmenrichtlinie (2000) sowie Biodiversitäts-Strategien Bayerns, Europas und der Welt. Die riesigen Umsetzungsdefizite liegen nicht in Brüssel, sondern in Bayern. Daher müssen und kön-nen Maßnahmen beschleunigt, auf wesent-lich größerer Fläche umgesetzt werden und mehr an den grundlegenden Problemen ansetzen als bisher (z. B. der Geschiebedurchgängigkeit). Dafür aber muss die bayerische Staatsregierung ehrgeizigere Ziele verfolgen und die nötigen Strukturen und Finanzen bereitstellen. Angesichts der hohen Anzahl von Querbauwerken wie Staudämmen, Wehren und Sohlabstürzen wäre insbesondere ein Förderprogramm für den Rückbau dieser (statt für neue Wasserkraftwerke) nötig.

2. Lücken und Engpässe im ökologi-schen Verbund der Schutzgebiete und Arten müssen auch in Großstädten konsequent geschlossen werden. Dies gilt besonders für Ingolstadt, um die großen Schutzgebiete der Donauauen im Osten und Westen miteinander zu vernetzen.

3. Die bereits für 2019 angekündigte Veröffentlichung der Auenpotentiale in Bayern muss endlich abgeschlossen und die Rückgewinnung von Auen für den Hochwasserschutz und die biologische Vielfalt aktiv und konsequent vorangetrieben werden.

4. Die Donau braucht die Wertschätzung der Menschen. Die Menschen brauchen eine naturnahe Donau und Aue gerade
in Zeiten der Klimakrise als Erholungsraum. Beteiligungsprozesse und eine Stadtplanung, die „die Stadt vom Fluss aus denkt“ sind zu fördern.

5. Durch Um- und Rückbaumaßnahmen muss die Durchgängigkeit für Arten und Geschiebe verbessert werden. Für Ingolstadt ist besonders die Wiederherstellung der Durchgängigkeit oberhalb bis in den Lech als zentralen Alpenfluss von besonderer Bedeutung. Keine neuen Wasserkraftwerke!

6. Die ökologischen Verbesserungsmöglichkeiten sind auch beim Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen zu nutzen (Optimierung Variante A zu einer Variante A+).

7. Wir brauchen einen anderen Umgang mit Wasser im gesamten Einzugsgebiet. Angesichts der laufenden Erderwärmung und das dadurch angetriebene Schwinden der Wasservorräte auch in Deutschland muss Wasser zukünftig naturnah in der Landschaft zurückgehalten werden. Dies dient dem Hochwasserschutz, dem Schutz vor Starkregen und Sturzfluten sowie der Dürreprävention und fördert zugleich die biologische Vielfalt. Maßnahmen sind z. B. die Verbesserung der Wasseraufnahmefähigkeit der Böden (z. B. durch Humusaufbau), der Renaturierung und Wiedervernässung von Feuchtgebieten und Mooren, die Schließung von Entwässerungsgräben und Drainagen, die Rückgewinnung von rückhaltenden Strukturen in der Landschaft (wie Rainen und Senken), die Renaturierung und Verbesserung der Ausuferung von Bächen und die Zurückgewinnung von Auen an unseren Flüssen. Einen wertvollen Beitrag hierzu leistet die Aktivität des Bibers.

8. Die hohen Synergien zwischen natürlichem Hochwasserschutz und der Stärkung der Biodiversität durch die Rückgewinnung von Auen müssen stärker genutzt werden. Dazu brauchen wir die Rückverlegung von Deichen. Dies passiert in Bayern bisher erst an viel zu wenigen Stellen, weil sich die bayerische Staatsregierung auf den technischen Hochwasserschutz durch gesteuerte Polder konzentriert. Natürlicher Hochwasserschutz und flächige Verbesserung des Wasserrückhaltes (siehe 7.) müssen politisch ein Schwerpunkt werden. Dies erfordert ausreichend Personal, Finanzen und interdisziplinäre Strukturen, um die Bereitschaft bei Flächennutzern und -eigentümern zu erreichen. Mit Deichrückverlegungen kann Hochwasserschutz mit Renaturierung oder extensiver Grünlandnutzung verbunden werden, während Polder i. d. R. nur den Status quo zementieren und im Polder-Einstaufall hohe Schäden verursachen. Der beste Hochwasserschutz ist der, der das Hochwasser gar nicht erst entstehen lässt oder es dorthin leitet, wo es nicht zerstört, sondern Leben schafft, nämlich in die Aue.

9. Die europäischen Ziele und Vorgaben zum Schutz und zur Renaturierung
von Flüssen und Auen müssen fortgeführt, ausgebaut und lokal umgesetzt werden. Die Wahl des Europäischen Parlamentes am 9. Juni 2024 wird auch eine Entscheidung über die Zukunft des Natur- und Auenschutzes in Bayern sein.

10. Als zentraler Baustein für eine
Donau der Zukunft sind größere Flächen nutzungsfreier Auwälder und Auen nötig. Das Netz der Naturwälder sollte ausgedehnt werden. Das Ziel eines Auen-Nationalparks (Entwicklungs-Nationalpark) werden wir weiter verfolgen. Die Staatsregierung muss ihre Blockade eines 3. Nationalparks und weiterer Naturwälder in Bayern aufgeben.

 

Fotos: © shutterstock

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